Was nun? November-Kolumne von Hans Stoter, Global Head of Credit Investments und Lead Portfolio Manager Global High Yield
Hans Stoter, Global Head of Credit Investments Lead Portfolio Manager Global High Yield
Frankfurt am Main (ots) –
November-Kolumne von Hans Stoter, Global Head of Credit Investments Lead Portfolio Manager Global High Yield
Die ungelöste Griechenlandkrise bestimmt weiterhin die Schlagzeilen. Das Augenmerk vieler Investoren und Entscheidungsträger richtet sich daher zunehmend auf den globalen Bankensektor. Wie stark sind Banken in angeschlagenen Ländern engagiert? Wie ist es um ihre finanzielle Leistungsfähigkeit bestellt? Können sie eine Staatspleite Griechenlands – oder noch Schlimmeres – verkraften? Haben sie aus der Krise von 2008 gelernt? Das sind wichtige Fragen, nicht nur zur Bewertung möglicher systemischer Risiken, sondern auch, um einzuschätzen, ob die Banken durch Bereitstellung günstiger Kredite an Unternehmen und Verbraucher noch ihre Funktion als “Schmierstoff” der Wirtschaft erfüllen können. Um die mögliche Gefahr einer globalen Bankenkrise beurteilen zu können, müssen wir uns die Bilanzen und potenziellen zusätzlichen Finanzierungsquellen der Banken genauer anschauen.
Im Prinzip sehen sich die Banken zwei großen Problemen gegenüber: 1. Exponierung gegenüber Schuldnerländern und 2. Verfügbarkeit von Finanzierungsmitteln. Die Exponierung gegenüber angeschlagenen Schuldnerländern kann direkt oder indirekt über andere Banken mit großen Anleihebeständen von Wackelkandidaten in ihren Büchern erfolgen. Hier sind unter Umständen massive Wertberichtigungen erforderlich. Zusätzlich droht eine Rezession und damit das Risiko steigender Zahlungsausfälle bei Unternehmens- und Konsumentenkrediten.
Seine engen und komplexen Wechselbeziehungen lassen das Bankensystem wie ein Kartenhaus erscheinen: Fällt eine Bank, so können alle fallen. Die mangelnde Transparenz im Hinblick darauf, wer eigentlich in welchem Umfang Staatsanleihen angeschlagener Schuldnerländer in seinen Büchern hält, leitet direkt zum Problem Nr. 2 über: der Verfügbarkeit von Finanzierungsmitteln. Solche Mittel sind heutzutage ein knappes Gut, denn an den Kapitalmärkten können keine erstrangigen Schuldtitel mehr aufgenommen werden; Finanzierung steht nur noch in Form von Covered Bonds (erstrangige gedeckte Schuldverschreibungen) zur Verfügung. Interbankeneinlagen werden zunehmend teurer, wenn sie überhaupt noch zur Verfügung stehen. Auch die Kosten für Retail-Einlagen steigen. Die EZB ist sich dieses Problems zwar bewusst und stellt Banken erforderlichenfalls Liquidität zur Verfügung, aber auch das hat seinen Preis.
Diese Situation belastet die Erfolgsrechnung der Banken, die zudem von den höheren Refinanzierungskosten und den strengeren Anforderungen an die Risikovorsorge ausgehöhlt wird. Auch die Eigenkapitalbasis der Banken gerät unter Druck. Seitdem Regierungen in den Jahren 2008 und 2009 diversen Banken aus der Bedrängnis helfen mussten, stehen die Kreditinstitute unter zunehmendem Druck, ihre Kapitalausstattung zu erhöhen, um bei künftigen Krisen besser gewappnet zu sein.
Was wir allerdings im bisherigen Jahresverlauf beobachten konnten, sind der Kapitalverzehr durch Abschreibungen auf Staatsanleihen und hinter den Erwartungen zurückbleibende Gewinnrücklagen. Da der Weg an die Kapitalmärkte zur Emission neuen Aktienkapitals oder nachrangiger Schuldtitel nicht mehr offen steht, bleiben Banken nur einige wenige Optionen, um die strikteren aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalvorgaben zu erfüllen.
Die Inanspruchnahme staatlicher Kapitalhilfen wird bei den Geschäftsführungen der Banken auf wenig Gegenliebe stoßen. Die Banken haben gerade erst die 2008/2009 geleistete Hilfe zurückgezahlt und wollen nicht erneut durch negative Schlagzeilen im öffentlichen Rampenlicht stehen. Auch politische Einflussnahme auf die Führung der Banken und die Ausgestaltung ihrer Vergütungsstrukturen würde man lieber vermeiden. Stattdessen erwarten wir folgende Schritte von den Banken: Reduzierung der Kreditvergabetätigkeit, Erhöhung der Kreditmargen, Kostensenkung, “De-Risking” der Bilanzen und Lenkung der Kunden hin zu den Anleihekapitalmärkten.
Im Ergebnis bedeutet das, dass die Banken ihre Rolle als “Schmierstoff” der Wirtschaft nicht mehr optimal wahrnehmen. Betroffen sind in erster Linie kleine und mittlere Unternehmen sowie Verbraucher. Größere Unternehmen mit Zugang zu den Anleihekapitalmärkten sind weitaus weniger betroffen, da sie sich über die Anleiheemissionen finanzieren können. Das gilt allerdings mit der Einschränkung, dass bei der gegenwärtigen Marktvolatilität nur die leistungsfähigsten Großunternehmen Neuemissionen auflegen können.
Aufgrund der anhaltend lockeren Geldpolitik ist Fremdkapital günstig, steht aber nur größeren Unternehmen zur Verfügung. Diese Unternehmen können auch im derzeit schwierigen wirtschaftlichen Umfeld gut abschneiden. Eines sollte man allerdings nicht erwarten: dass die Banken durch billige Kredite an KMU und Verbraucher die Konjunktur ankurbeln. Das entspricht nicht ihrer Interessenlage.
Am wirksamsten ließe sich die Wirtschaft derzeit durch Konjunkturförderprogramme wie Steuererleichterungen, Zuschüsse und staatliche Investitionsprogramme in Schwung bringen. Dennoch setzen die Regierungen auf einen Sparkurs anstatt einer gezielten Ausgabenpolitik. Das Ergebnis sind trübe Aussichten für die Gesamtwirtschaft: ein Wirtschaftswachstum von nahezu null, bis die schuldenfinanzierte Wirtschaftsblase gänzlich in sich zusammengefallen ist. In diesem “japanähnlichen” Umfeld gibt es nur wenige Anlagechancen, darunter beispielsweise Unternehmensanleihen. Zur Illustration: Die Spreads japanischer Unternehmensanleihen sind weltweit die niedrigsten!
Orginal-Meldung: http://www.presseportal.de/pm/66684/2140398/banken-was-nun-november-kolumne-von-hans-stoter-global-head-of-credit-investments-lead-portfolio/api
Kurzverweis