GVA-Jahresmitgliederversammlung und Kongress 2014
Hannover. Am 28. Oktober fand in Hannover die diesjährige Jahresmitgliederversammlung des Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA) statt. Top-Entscheider aus Kfz-Teilehandel und Kfz-Teileindustrie erörterten im Rahmen der Veranstaltung intensiv die wettbewerbspolitischen Herausforderungen an den freien Kfz-Teile- und Servicemarkt und tauschten sich über die wirtschaftliche Lage der Branche aus.
Branchenkonjunktur: Langsamer Aufholprozess nach Wachstumsdelle im Frühjahr
Das Stimmungsbild unter den Anwesenden zeigte, dass das Kfz-Ersatzteilgeschäft nach einem erfreulichen Vorjahr aktuell zwar recht stabil verläuft, unter dem Strich aber wohl nur ein schwaches Wachstum in 2014 zu verzeichnen sein wird. GVA-Präsident Hartmut Röhl präzisiert: „Der freie Teilehandel hat einigen Schwung aus dem Vorjahr in die ersten Monate 2014 mitnehmen können. Damit konnte unsere Branche vorerst sogar kompensieren, dass der Winter in Deutschland quasi ausfiel und typische Artikel für die kalte Jahreszeit weniger gefragt waren als sonst. In der Folge blieb allerdings im Frühling die nach einem wenigstens durchschnittlichen oder gar harten Winter übliche Nachfrage nach witterungsbedingten Instandsetzungs- und Verschleißarbeiten aus. Nach einem recht guten ersten Quartal hatte der freie Kfz-Teilemarkt so mit einer kurz währenden aber spürbaren Delle in der Konjunktur zu kämpfen, von der sich die Branche nur langsam erholen kann. Wir laufen seitdem einem Rückstand nach, den wir nur nach und nach aufholen können – zumal sich in den Vergleichsmonaten des Vorjahres gerade ab diesem Zeitpunkt die Umsätze besonders dynamisch entwickelt hatten. Wenn wir vor diesem Hintergrund und angesichts einer sich abzeichnenden allgemeinen wirtschaftlichen Eintrübung dann insgesamt zum Jahresende doch leicht im Plus liegen werden, kann selbst ein möglicherweise mageres Wachstum bereits als ein Erfolg gewertet werden.“
GVA-Mitglieder mit zurückhaltenden wirtschaftlichen Erwartungen
Die vorsichtige Lageeinschätzung wird von den Ergebnissen einer aktuellen GVA-Mitgliederbefragung zur wirtschaftlichen Situation der Branche und zur Umsatzentwicklung im Kfz-Teilehandel/-bereich gestützt. So verbuchten 32,1 Prozent der GVA-Handelsmitglieder und 58,2 Prozent der GVA-Industriemitglieder in den ersten drei Quartalen gestiegene Umsätze. Auf der anderen Seite verzeichneten 34,4 Prozent aller befragten GVA-Mitglieder Rückgänge. GVA-Präsident Hartmut Röhl: „Verbreitet bewegt sich der Konjunkturverlauf der Unternehmen in einem schmalen Korridor zwischen leichtem Wachstum und geringfügigen Rückgängen. Dabei gibt es auf Ebene der Unternehmen Ausreißer nach oben und unten. Insgesamt zeichnet sich das Bild einer Stagnation ab.“ Entscheidend sind die Aussichten, wie Hartmut Röhl weiter ausführt: „Die Erwartungen unserer Mitgliedsunternehmen sind dennoch weiterhin von zurückhaltendem Optimismus geprägt. Diese zuversichtliche Grundhaltung ist berechtigt, denn bei unseren Kunden im Werkstattbereich ist die Stimmung gut, dort rechnet man mit einer Belebung durch das Herbstgeschäft.
1“ Röhl weiter: „Darüber hinaus zeigen die Servicebetriebe derzeit eine ordentliche Investitionsbereitschaft, wie die Absatzentwicklung rund um die Werkstattausrüstung zeigt. Auch das ist ein aufbauendes Zeichen für die nähere Zukunft.“ 39,4 Prozent der GVA-Mitglieder erwarten für das Gesamtjahr 2014 steigende Umsätze, 26,3 Prozent erwarten Stagnation im Vergleich zum Vorjahr, Rückgänge werden von 34,4 Prozent der Unternehmen befürchtet. Die aktuelle Eintrübung der Konjunktur in der Bundesrepublik wird auch von den GVA-Mitgliedern wahrgenommen. So erwarten nur 11,1 Prozent der GVA-Mitglieder im vierten Quartal eine positive Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Deutschland, 25,3 Prozent der Unternehmen aus Kfz-Teilehandel und Kfz-Teileindustrie rechnen dagegen mit einer Verschlechterung der Gesamtkonjunktur.
Wettbewerbspolitik: Im Kfz-Aftermarket droht Monopol der Fahrzeughersteller
Der Autofahrer soll die Wahlfreiheit haben, wo und mit welchen Teilen er sein Fahrzeug warten und reparieren lässt. Der GVA setzt sich deshalb für die Schaffung und Sicherung rechtlicher Rahmenbedingungen ein, die fairen Wettbewerb zwischen den Vertriebs- und Servicenetzen der Fahrzeughersteller und unabhängigen Marktteilnehmern wie dem freien Kfz-Teilehandel und seinen Kunden möglich machen. Besonders die Entwicklungen beim Zugang zu den technischen Informationen der Fahrzeughersteller und beim Thema Designschutz geben unabhängigen Marktteilnehmern Anlass zur Sorge.
Zugang zu technischen Informationen: Fahrzeughersteller mit Verweigerungshaltung
GVA-Präsident Hartmut Röhl: „Der freie Markt benötigt einen umfassenden und praxisgerechten Zugang zu den technischen Informationen der Fahrzeughersteller. Der Gesetzgeber hat diesen Anspruch der unabhängigen Marktbeteiligten im Typgenehmigungsrecht und in der Aftermarket-GVO samt begleitenden Leitlinien klar geregelt. Leider müssen wir fortgesetzt anprangern, dass die Fahrzeughersteller etwa ihren Pflichten zur Weitergabe der Basisdaten zur Fahrzeug- und Ersatzteileidentifikation nicht nachkommen. Wir bleiben an diesem Thema mit allen rechtlichen und politischen Instrumenten dran!“ Der Zugang zu den Basisdaten ist z.B. die Voraussetzung dafür, dass der freie Kfz-Teilehandel seinen Kunden in den Servicebetrieben eine eindeutige, da VIN-basierte, Teileidentifikation in seinen Katalogen anbieten kann. Darüber hinaus benötigen die unabhängigen Marktbeteiligten technische Informationen für die Reparatur und Wartung von Fahrzeugen. Hartmut Röhl begründet: „Der Elektronikanteil und die Teilevielfalt in modernen Fahrzeugen ist immens. Alle Akteure im Kfz-Aftermarket müssen die daraus erwachsenden neuen Anforderungen bewältigen können, um wettbewerbsfähig zu sein und den Autofahrern eine fachlich hervorragende Leistung bieten zu können. Der freie Markt gerät sonst weiter unter Druck; er verliert bei Wartung und Reparatur bereits heute an Boden gegenüber dem gebundenen Markt wie der aktuelle DAT-Report zeigt.“
Weitere Wettbewerbseinschränkungen drohen aus neuen Möglichkeiten zur Fahrzeug- und Servicesteuerung. Fahrzeughersteller haben mit Telematikanwendungen einen Echtzeit-Zugriff auf Informationen aus dem Fahrzeug und können umgekehrt Daten in die Fahrzeugsysteme übermitteln. GVA-Präsident Hartmut Röhl: „Big Data hält vermehrt Einzug in die Automobilwirtschaft – Autos werden zu Datensammlern für den Hersteller. Die Fahrzeughersteller haben durch die Vernetzung unmittelbaren Zugang zu Informationen zum Fahr- und Fahrzeugzustand sowie direkte und indirekte Informationen über die Fahrzeuginsassen und das Fahrzeugumfeld. Dieser umfangreiche Datenschatz kann von ihnen verarbeitet, gespeichert und kommerziell genutzt werden.“ Die Hersteller erhalten damit die Möglichkeit, den Autofahrer individuell anzusprechen und sein Wartungs- und Serviceverhalten zu steuern. Der GVA-Präsident sieht daraus Gefahren für den Wettbewerb erwachsen: „Dem Autofahrer wird vorgegaukelt, wie vermeintlich fürsorglich der Hersteller an ihn denkt, wenn etwa ein Hinweis auf einen anstehenden Service auf ein Fahrzeugdisplay geschickt wird und dieser auch gleich mit einem Terminvorschlag bei einem Vertragspartner verbunden wird. Unter dem Strich wird der Autofahrer so aber um seine Wahlfreiheit gebracht und gezielt in das Servicenetz des Herstellers gezogen.“ GVA-Präsident Hartmut Röhl sieht noch weitere mögliche Verlierer der Entwicklung: „Wenn der Fahrzeughersteller durch die via Telematik gewonnenen Informationen die Service- und Reparatursteuerung übernimmt und dabei direkt an den Autofahrer herantritt, kann er so auch entscheiden, in welchen Vertragsbetrieb ein Fahrzeug geleitet wird. Den herstellergebundenen Betrieben droht damit, auch im Aftermarket vollends vom Wohlwollen des Herstellers abhängig zu werden.“
Unabhängige Marktbeteiligte haben nur dann die Möglichkeit, eigene Produkte und Dienstleistungen zur Fahrzeugvernetzung anzubieten und damit Wahlmöglichkeiten für den Autofahrer zu schaffen, wenn die relevanten Schnittstellen in den Fahrzeugen frei zugänglich, interoperabel, sicher und standardisiert sind. Dafür setzt sich der GVA unter anderem im laufenden Gesetzgebungsverfahren für die europaweit verpflichtende Einführung des elektronischen Notrufs eCall ein.
Designschutz: Engagement für Liberalisierung des Marktes geht weiter
Einen Rückschlag mussten die Autofahrer und die unabhängigen Marktbeteiligten bezüglich der angestrebten Liberalisierung des Marktes für sichtbare Kfz-Ersatzteile hinnehmen. So hat die EU-Kommission Ende Mai den Entwurf für eine Neufassung der EU-Designschutzrichtlinie zurückgezogen. Das Dossier sah die europaweite Einführung einer Reparaturklausel für sichtbare Kfz-Ersatzteile vor, die den Ersatzteilmarkt für z.B. Motorhauben, Kotflügel, Außenspiegel, Autoglas und Scheinwerfer liberalisiert und das bestehende Monopol der Fahrzeughersteller zerschlagen hätte. GVA-Präsident Hartmut Röhl zu den unmittelbaren Folgen: „Die Fahrzeughersteller in Deutschland haben diese Entscheidung offenbar als Einladung verstanden, ihre Zusage aus dem Jahr 2003, wonach sie ihre Designrechte nicht wettbewerbseinschränkend wahrnehmen würden, zu ignorieren, denn unabhängige Hersteller und Händler sichtbarer Kfz-Ersatzteile werden derzeit verstärkt von ihnen abgemahnt. Das zeigt einmal mehr, dass die Einführung der Reparaturklausel in Deutschland dringend geboten ist und von uns deshalb weiterhin gefordert wird. Wir haben klare Signale aus dem Berliner Politikbetrieb erhalten, dass man ein solches wettbewerbsfeindliches Verhalten der Fahrzeughersteller missbilligt.“
Auch auf europäischer Ebene beschäftigt man sich weiterhin mit dem Thema. So führt die EU-Kommission Studien durch, in denen die wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte des Designschutzes in Europa bewertet werden.
GVA-Kongress: Informationen zu wichtigen Branchenthemen
Am zweiten Veranstaltungstag, dem 29. Oktober, fand der GVA-Kongress 2014 statt. Das Fachprogramm eröffnete den über 250 Teilnehmern mit interessanten Vorträgen neue Einblicke und Perspektiven.
Den Auftakt des GVA-Kongress bildete ein Referat von Herrn RA Alexander Kolodzik vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA) zum Insolvenzrecht. Änderungen in der Insolvenzordnung haben im Jahr 2012 zu Neuerungen geführt, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen müssen. Herr RA Kolodzik setzte in seinen Ausführungen auf die inhaltlichen Schwerpunkte Insolvenzanfechtung und Mitwisserschaft bei Insolvenzgefahr.
Der direkte Zugang zum Kunden ist in Zeiten sich wandelnder Vertriebsstrukturen und durch die wachsende Rolle des E-Commerce heiß umkämpft, so auch im Kfz-Aftermarket. Herr Philipp Grosse Kleimann von der Roland Berger Strategy Consultants GmbH führte in seinem Referat aus, wie die Rolle des Teilegroßhandels durch den Kampf um die Kunden-Schnittstelle nachhaltig verändert wird.
Den Abschluss des GVA-Kongresses 2014 bildete ein Vortrag von Oliver Geisselhart – laut dem Fernsehsender ZDF „Deutschlands Gedächtnistrainer Nr.1“. Unter dem Titel „Kopf oder Zettel? Ihr Gedächtnis kann wesentlich mehr als Sie denken“ präsentierte Geisselhart auf unterhaltsame Art Techniken, um sich z.B. Namen und Gesichter zu merken, Fachliteratur und Infos zu speichern aber auch Reden bzw. Vorträge frei halten zu können. Wichtige Voraussetzungen also, um im heutigen Geschäftsleben erfolgreich zu sein.
Über den GVA
Der Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA) ist der Branchenverband und die politische Interessenvertretung des freien Kfz-Teile-Großhandels in Deutschland. Im GVA sind derzeit 136 Handelsunternehmen mit über 1.000 Betriebsstellen und 122 Kfz-Teilehersteller organisiert. Schwerpunkte der Verbandsarbeit sind die Sicherung und der Ausbau des freien Kfz-Service-Marktes als echte Reparaturalternative für den Verbraucher sowie die Wahrung der Chancengleichheit gegenüber der Automobilindustrie im Ersatzteile-Handel. www.gva.de