TÜV Rheinland-Studie: Das Problem Tachomanipulation
TÜV Rheinland: Über 40 Prozent der Befragten schätzen Wahrscheinlichkeit als groß bis sehr groß ein
Köln – Sind wir tatsächlich ein Land von skrupellosen Tachotricksern? „Sowohl potenzielle Autokäufer als auch -verkäufer gehen hier von einem großen Problem aus. Mehr als 40 Prozent der Gebrauchtwageninteressenten schätzen die Wahrscheinlichkeit der Manipulation als groß bis sehr groß ein“, erklärte Prof. Dr.-Ing. Jürgen Brauckmann, Bereichsvorstand Mobilität TÜV Rheinland, bei der Präsentation der aktuellen, repräsentativen TÜV Rheinland-Studie „Das Problem Tachomanipulation“ am Donnerstag, 22. Oktober 2015, in Köln. Weiterhin nehmen die Befragten an, dass bei fast einem Drittel der angebotenen Fahrzeuge am Kilometerzähler gedreht wurde. „Diese Angaben decken sich im Wesentlichen mit den Berechnungen der Polizei“, unterstrich Prof. Brauckmann. Beim Autokauf von privat und freien Händlern ist bei einem Großteil der Befragten das Vertrauen in die Richtigkeit des Kilometerstands mittelmäßig bis sehr gering. Knapp 66 Prozent sind misstrauisch beim freien Handel, knapp 62 Prozent trauen privaten Verkäufern nicht und rund 30 Prozent stehen auch Markenhändlern skeptisch gegenüber.
Jährlich Schäden in Milliardenhöhe
Das Ausmaß der Tachotäuschungen machen zwei Beispielsberechnungen von TÜV Rheinland deutlich: Reduzieren Betrüger bei einer Mercedes-Benz E-Klasse, Baujahr 2011, die Laufleistung um 66.000 Kilometer von 114.000 auf 48.000, bedeutet das einen höheren Erlös von 5.400 Euro. Bei einem VW Polo, Baujahr 2014, schlägt eine um 36.000 Kilometer verringerte Laufleistung mit 1.200 Euro Mehrgewinn zu Buche. Den jährlichen Schaden in Deutschland beziffert die Polizei auf fast sechs Milliarden Euro. „Neben der kriminellen Geschäftemacherei spielen bei Tachomanipulation auch Aspekte der Verkehrssicherheit eine Rolle“, sagte Prof. Brauckmann und betonte: „Geht ein Käufer von einem erheblich geringeren Kilometerstand des Fahrzeugs aus, fährt er möglicherweise zu spät zur Inspektion. So können Defekte oder Verschleiß etwa an Bremse und Fahrwerkskomponenten unentdeckt bleiben.“
Die Täuschungen mit gefälschten Tachodaten sind auch Mechthild Heil, MdB und Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, schon lange ein Dorn im Auge. Die Abgeordnete machte deutlich: „Tachomanipulation ist kein Kavaliersdelikt, daher müssen wir die Strafen im Betrugsfall deutlich erhöhen. Wir wollen Kunden und Verkäufer besser schützen, indem wir die Möglichkeiten schaffen, die gesammelten Kilometerstände bei Hauptuntersuchung, Reifenwechsel oder Panne freiwillig in eine Datenbank einzuspeisen, ähnlich wie es heute schon in Belgien passiert.“
Kilometercheck anhand der Fahrzeug-Identifizierungsnummer
Für mehr Klarheit auf dem Gebrauchtwagenmarkt will der Branchenspezialist arvato Financial Solutions sorgen. „Unser Ziel ist es, mehr Sicherheit für Käufer und Verkäufer zu schaffen. Wir leisten damit einen Beitrag, fingierte Kilometerstände zu identifizieren, Tachobetrug einzudämmen und damit den Gebrauchtwagenkauf transparenter zu gestalten“, sagte Dr. Frank Schlein, Geschäftsführer Risk Management bei arvato Financial Solutions. Um Betrügereien und wirtschaftliche Schäden aus Kilometerzählermanipulationen zu minimieren, ist es das Ziel von arvato Financial Solutions, Kilometerstände über die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) zu checken. Für jedes Kraftfahrzeug soll zukünftig vom Verkäufer abfragbar sein, welchen Kilometerstand es zu einem bestimmten, gespeicherten Zeitpunkt hatte. Die Kilometerstände sollen bei Versicherungen, Prüfgesellschaften und weiteren Partnern eingeholt werden. „Da der Datenschutz oberste Priorität hat, wird eine solche Lösung nur mit der Einwilligung des Verkäufers möglich sein“, bekräftigte Dr. Schlein.
TÜV Rheinland-Studie Tachomanipulation 2015 zum Download unter www.tuv.com/presse im Internet.
Quelle: (ots)