Energieeffizienz von Renault Trucks
Lyon. Für Renault Trucks, den Pionier in Sachen Treibstoffersparnis, steht dieses Thema weiterhin im Mittelpunkt des Forschungsaufwandes, um die Energieeffizienz von Sattelzügen zu verbessern. Mit dem Laborfahrzeug Optifuel Lab 2 testet Renault Trucks unterschiedliche Technologien zur Verbrauchsreduzierung, um deren Einsatz in zukünftigen Serienfahrzeugen zu prüfen. Ein Modell dieses Laborfahrzeuges wird auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover auf dem Renault Trucks Stand präsentiert.
Die Verbrauchssenkung stand im Mittelpunkt der Entwicklung des Renault Trucks T, mit dem erklärten Ziel, ihn zu einem Profitcenter für Transportunternehmen zu machen. Doch damit gibt sich Renault Trucks nicht zufrieden und beschäftigt sich intensiv mit den Zukunftstechnologien, um den Verbrauch eines Sattelzuges weiter zu senken. Diese Forschungen werden an einem Versuchsfahrzeug vorgenommen, dem Optifuel Lab 2 auf Basis eines Renault Trucks T, einer Weiterentwicklung des im Jahr 2009 präsentierten Optifuel Lab 1. Das Projekt wurde mit Unterstützung der französischen Umwelt- und Energieagentur ADEME (Agence de l’Environnement et de la Maitrise de l’Energie) in Zusammenarbeit mit acht Partnern umgesetzt: Plastic Omnium, Michelin, Sunpower, Renault, IFP Energies Nouvelles, CEP-Armines, CETHIL-INSA Lyon und LMFA-Ecole Centrale de Lyon.
Beim Optifuel Lab 2 kommen 20 Technologien zum Einsatz, die bei den vier Schwerpunkten ansetzen, die für den Verbrauch entscheidend sind: Energiemanagement, Aerodynamik, Rollwiderstand und Fahrhilfen. Projektleiter Claude Covo präsentiert die wichtigsten Technologien, die im Rahmen dieses fahrenden „Labors“ entwickelt wurden.
Optimierung der verschiedenen Energiequellen und Senkung des Bedarfs
Die optimale Nutzung der verschiedenen Energiequellen steht im Mittelpunkt der beim Optifuel Lab 2 durchgeführten Forschungsarbeiten. „Dahinter steht die Idee, so wenig Energie wie möglich vom Verbrennungsmotor abzuziehen“, sagt Claude Covo. „Deshalb werden jetzt mehrere Zusatzausrüstungen elektrisch versorgt, darunter Klimaanlage, Wasserpumpe, Kraftstoffpumpe und Lenkungspumpe. Dafür haben wir weitere elektrische Energiequellen entwickelt. So wurden Solarzellen hinzugefügt und ein System zur Energierückgewinnung in der Auspuffanlage installiert, das auf dem Rankine-Zyklus basiert. „Wenn der Fahrer oder das Fahrzeug mehr Energie benötigt, berechnet ein Computer den Bedarf, findet die effizienteste bzw. am besten verfügbare Energiequelle (Solarzellen, Rankine usw.) und verteilt die Energie in Echtzeit. „Optifuel Lab 2 basiert auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage“, erklärt Claude Covo, „je mehr Energie verfügbar ist und je weniger sie kostet, desto mehr wird diese Quelle ausgebeutet.“
Durch die prioritäre Nutzung „kostenloser“ Energiequellen, darunter Solarzellen und im Auspuff vorhandene Wärme, wird der Einsatz der vom Drehstromgenerator des Verbrennungsmotors produzierten Energie beschränkt und dadurch wiederum der Kraftstoffverbrauch reduziert.
Parallel zu dieser fortschrittlichen Verwendung der Energiequellen hat Renault Trucks den Energiebedarf des Fahrzeuges gezielt eingeschränkt. Besonderes Augenmerk galt dabei der Wärmedämmung des Fahrerhauses. Die Glasflächen sind aus einem speziellen Isolierglas. Oben wurde ein mobiler Dachspoiler angebracht. Bei Fahrzeugstillstand wird dieser Spoiler hochgeklappt und schützt das Fahrerhaus so vor Sonne. Übermäßige Wärme aus dem Fahrerhaus wird durch einen solarbetriebenen Abzug abgeleitet. Beim Anfahren wird der Spoiler wieder eingeklappt, um die Aerodynamik zu begünstigen.
Außerdem hat Renault Trucks zur Belüftung des Fahrerhauses eine ausschließlich durch Solarzellen gespeiste Klimaanlage installiert. Das System funktioniert auch bei Stillstand des Fahrzeuges und abgeschaltetem Motor.
Im Fokus: Zwei Stromquellen des Optifuel Lab 2
Photovoltaikzellen
Die beim Sattelzug Optifuel Lab 2 installierten Solarzellen wurden eigens für das Projekt konzipiert. Sie mussten spezifische Anforderungen erfüllen: „Diese Solarzellen wurden an die Wölbung des Aufliegers angepasst, um die Aerodynamik des Fahrzeuges nicht zu beeinträchtigen“, erläutert Claude Covo. „Gleichzeitig mussten sie den Anforderungen eines Sattelzuges sowie den Unwägbarkeiten der Straße gewachsen sein. Deshalb konnten auch keine Standardsolarzellen verwendet werden. „Die für den Optifuel Lab 2 entwickelten Solarzellen sind leicht, biegsam und mit 48 Modulen ausgestattet, verteilt über eine Fläche von 40 Quadratmetern. Ihr Ertrag ist um 30 % höher als bei Standardzellen.
Wärmerückgewinnung am Auspuff
Trotz der ständigen Fortschritte bei Dieselmotoren geht ein Teil der genutzten Energie in Form von Wärme verloren. Deshalb entwickelte Renault Trucks ein System der Wärmerückgewinnung am Auspuff. Die Idee ist einfach: Die Wärme der Auspuffgase wird in elektrische Energie umgewandelt. „Aus technischer Sicht funktioniert das System nach dem Prinzip des Rankine-Zyklus“, so Claude Covo. „Über einen Wärmetauscher wird Abwärme am Auspuff zurückgewonnen. Eine eingespritzte Flüssigkeit verdampft unter dem Wärmeeinfluss, und mit diesem Dampf wird ein elektrischer Generator betrieben.“ So erhält das Fahrzeug eine zusätzliche Stromversorgung, die den herkömmlichen Generator entlastet.
Verbesserte Aerodynamik erzeugt Perleffekt
„Die Aerodynamikforschung am Optifuel Lab 2 betraf den gesamten Sattelzug, also Lkw und Auflieger“, erklärt Claude Covo weiter. „Wir haben uns um eine perfekte Harmonie zwischen den beiden Bestandteilen bemüht, um den Perleffekt zu erzeugen, den Luftwiderstand und damit auch den Verbrauch zu reduzieren.“ Der mobile Dachspoiler, der sich bei Fahrzeugstillstand öffnet, um das Fahrerhaus besser vor Wärme zu schützen, wird ab 50 km/h automatisch eingeklappt. Damit entsteht eine perfekte Kontinuität mit dem Auflieger. Weiter verstärkt wird der Perleffekt durch die gewölbte Dachform, die 70 cm großen Seitenspoiler im Heckbereich und die Seitenverkleidungen des Aufliegers. Außerdem wurden die Rückspiegel und der Frontspiegel durch profilierte Kameras ersetzt, um den Luftstrom nicht zu unterbrechen.
Der Optifuel Lab 2 besitzt auch einen mobilen Spoiler unten am Kühlergrill. Im ausgefahrenen Zustand verbessert er die Luftführung unter dem Lkw und reduziert die Reibung unter dem Fahrgestell. Unter 50 km/h wird dieser Spoiler automatisch eingeklappt, um bei niedriger Geschwindigkeit nicht von einer Fahrbahnschwelle oder von Unebenheiten beschädigt zu werden.
Reduzierung des Rollwiderstands
Ganz im Sinne der Aerodynamik wurde auch der Rollwiderstand des Sattelzuges komplett neu überdacht. Dabei kam eine völlig neue Lösung zum Einsatz, die den Ölstand der Hinterachse je nach Schmier- und Kühlbedarf ständig anpasst. Wird das Fahrzeug stark beansprucht und benötigt ein hohes Drehmoment, so erhöht das System die Ölmenge in der Antriebsachse. Bei stabiler Geschwindigkeit besteht ein geringerer Schmier- und Kühlbedarf der Antriebsachse, so dass die Ölmenge reduziert wird. Der Ölbehälter wurde in das Achsgehäuse integriert. So reduziert das System mit der Tauchschmierung verbundene Energieverluste.
Der Optifuel Lab 2 besitzt darüber hinaus eigens von Michelin entwickelte Reifenprototypen. Sie wurden für einen niedrigen Widerstand optimiert und leisten so einen signifikanten Beitrag zur Verbrauchssenkung.
Unterstützung des Fahrers
Nach wie vor steht und fällt die Verbrauchsreduzierung mit dem Verhalten des Fahrers. Der Fahrstil kann sich mit über 3 Litern pro 100 Kilometer auf den Verbrauch niederschlagen. Das berücksichtigten die Ingenieure von Optifuel Lab 2 bei der Entwicklung spezifischer Fahrhilfen. Der Optifuel Lab 2 ist deshalb mit einem adaptiven Geschwindigkeitsbegrenzer ausgestattet.
Ausgerüstet mit integriertem GPS, berechnet der Begrenzer kontinuierlich und vorausschauend die optimale Höchstgeschwindigkeit je nach Position des Lastkraftwagens und des Straßenprofils. „Konkret kann das System um 2 bis 3 km/h gegenüber der Geschwindigkeitsangabe des Fahrers abweichen, da es Berg- oder Talfahrten antizipiert“, sagt Claude Covo, „und das kontinuierlich.“
Ebenso ist auch das Gaspedal adaptiv. Das Pedal wird härter oder weicher, je nachdem, ob der Fahrer beschleunigen oder verlangsamen soll. Antizipiert das System beispielsweise einen Kreisverkehr oder das Ende einer Bergfahrt, so wird es spürbar schwerer, das Pedal zu treten und signalisiert dem Fahrer, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Wenn das System aktiviert wird, erhält der Fahrer eine Warnmeldung durch ein Bildsymbol am Armaturenbrett, das das bevorstehende Ereignis anzeigt (Kreisverkehr, Berg- bzw. Talfahrt, Mautstation usw.). Mit diesen Hilfsmitteln weiß der Fahrer stets seine Fahrweise an die Gegebenheiten anzupassen, um eine Verbrauchsreduzierung zu begünstigen.
Mit dem Optifuel Lab 2 verfügt Renault Trucks über ein fahrendes Entwicklungslabor, mit dem die Forschungsarbeiten weitergeführt und verschiedenste Technologien zur fortgesetzten Senkung des Verbrauchs getestet werden können. Derzeit ist das Fahrzeug auf der Straße unterwegs, um mögliche Verbrauchseinsparungen quantifizieren zu können. Die Ergebnisse sollen im ersten Quartal 2015 bekannt gegeben werden.
Schon Optifuel Lab 1 hat einige Technologien zur Serienreife gebracht, die in der neuen Euro 6-Modellpalette zum Einsatz kamen. Mit Optifuel Lab 2 soll dasselbe erreicht werden – die verwendeten Technologien sollen in zukünftige Serienmodelle einfließen.
Denn das erklärte Ziel von Renault Trucks ist gleich geblieben: Der Hersteller möchte seinen Kunden Fahrzeuge anbieten, die sparsam im Verbrauch sind.