Saison für Wildunfälle
Sobald sich die Blätter färben, steigt in jedem Jahr die Zahl der Wildunfälle. Oktober und November sind die Monate mit den meisten Unfällen mit Wildtieren, gefolgt vom Monat Mai. Gründe dafür sind das Zusammenfallen von Dämmerung und Dunkelheit mit den Spitzenverkehrszeiten und erhöhten Aktivitäten verschiedener Tierarten. Für den Autofahrer bedeutet das: Vor allem auf Landstraßen sollte er in dieser Zeit besonders aufmerksam fahren.
„Die Spitzenränge von Herbst und Frühjahr in den Wildunfallstatistiken bedeuten jedoch nicht, dass das Wild zu anderen Zeiten nicht aktiv wäre“, warnt Hans-Joachim Koch, Leiter der Kfz-Schadenabteilung der HDI Versicherung AG. Zwar weisen diese Monate die meisten Wildunfälle auf, die Unterschiede zu den Unfallraten anderer Monate sind jedoch gering. Auch für den Rest des Jahres kann daher keine Entwarnung gegeben werden. Und auch wenn Wildtiere oft in der Dämmerung besonders aktiv sind gilt: Wildunfälle können zu jeder Tages- und Jahreszeit passieren.
Zahl der Wildunfälle steigt
Rund 2.250 Wildunfälle weist die amtliche Statistik des statistischen Bundesamtes für 2013 aus. Tendenz fallend. Allerdings werden hier nur die Unfälle mit Personenschäden erfasst. Die deutsche Versicherungswirtschaft dagegen regulierte 2012 rund 260.000 Wildunfälle über Teil- und Vollkaskoschutz – eine Zunahme von rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und der Deutsche Jagdverband (djv) geht von etwa 210.000 Wildunfällen im vergangenen Jagdjahr aus. Problematisch ist allerdings die exakte Erfassung der Unfälle. Denn die Meldepflichten sind in den Bundesländern nicht einheitlich geregelt. Zudem sehen Autofahrer mache Kollisionen mit kleineren Tieren wie Hasen oder Mardern, bei denen am Auto häufig keine Schäden entstehen, nicht als Wildunfälle an.
Trotzdem ist klar: Wildunfälle sind eine der häufigsten Unfallursachen auf deutschen Straßen. Und auch wenn die Zahl der Wildunfälle mit Personenschäden rückläufig ist, nimmt die Zahl der Unfälle selbst in den letzten Jahren beständig zu. „Wachsende Wilddichte, aber auch Veränderungen in der Landwirtschaft sind dafür als Ursachen festzumachen“, weiß HDI-Schadenfachmann Koch. Immer häufiger wird zum Beispiel Mais angebaut. Der bietet ab einer gewissen Wuchshöhe Wildtieren Nahrung und auch weitgehenden Schutz vor Beobachtung und Bejagung.
Warnhinweise nicht ignorieren!
Achtung Wildwechsel! Jeder Autofahrer kennt das markante Warnschild mit dem springenden Hirsch. Und fast jeder ignoriert es. Ein Verhalten, das leicht ins Auge gehen kann. Denn auch wenn mancher im Umfeld der Schilder noch nie ein Reh oder Wildschwein gesehen hat, sind die Schilder dennoch ein wertvoller Anhaltspunkt für verstärkte Wildaktivitäten.
Hinweise auf konkrete Wildunfälle finden sich heute oft auch in Form von Dreibeinen in Signalfarben mit dem Schriftzug „Wildunfall“. Diese Zeichen werden dort aufgestellt, wo zeitnah tatsächlich ein Wildunfall zu verzeichnen war. Da Wildtiere häufig dieselben Wechsel nutzen, sind auch die Dreibeine ein Warnhinweis für Autofahrer, die Umgebung der Stelle mit erhöhter Aufmerksamkeit und Bremsbereitschaft zu passieren.
Ausweichen oder Draufhalten?
Springt ein Wildtier unvermittelt vor das Auto, ist die schnelle Reaktion des Fahrers gefragt. Mit Abblenden, Hupen und einer beherzten Bremsung sollte der versuchen, die Kollision zu vermeiden, sofern das gefahrlos möglich ist. Ausweichen sollte er dagegen nur in Ausnahmefällen, wenn er weder sich noch andere dadurch in Gefahr bringen kann. „Bei abrupten Ausweichmanövern ist das Risiko hoch, die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren“, warnt Schaden-Experte Koch. Schwere Unfälle können die Folge sein.
Die kontrollierte Kollision mit dem Wildtier ist in den allermeisten Fällen die weniger gefährliche Option. Denn moderne Autos verkraften in der Regel auch den Zusammenstoß mit größeren Tieren wie Wildschweinen, ohne dass Fahrer oder Insassen schwereren Schaden nehmen. Wichtig ist, dass der Fahrer, auch wenn der Unfall unvermeidlich ist, die Geschwindigkeit so weit wie möglich verringert, das Lenkrad fest und den Wagen in der Spur hält. Wildschäden am Fahrzeug übernimmt in der Regel die Teilkasko-Versicherung.
Nach einem Zusammenstoß sollte der Fahrer unverzüglich die Polizei verständigen. Sie setzt sich mit dem zuständigen Jäger in Verbindung, der sich um das tote oder das verletzte Wild kümmert. Auf keinen Fall dürfen die Tiere angefasst werden. Verletzte Tiere erleiden so noch mehr Stress als nötig und können durch Tritte oder Bisse auch Menschen verletzen. Außerdem kann die Gefahr einer Ansteckung mit Tollwut bestehen. Auch dürfen getötete Tiere auf keinen Fall mitgenommen werden. Das kann als Jagdwilderei ausgelegt werden und ist strafbar.